Tag 14355
Während meines letzten Aufenthaltes am Baltischen Meer hatte ich abends zur blauen Stunde die Gelegenheit, dieses (farblich unveränderte) Foto mit dem Mobiltelefon zu machen. Etwas verwackelt und in niedriger Auflösung hält es still die spezielle Ausstrahlung und Farbigkeit dieses Moments fest und spiegelt die Relativität des optischen Erkennens und der menschlichen Sinne im Grundsätzlichen.
So, wie die Naturwissenschaften die Bedienungsanleitung des Raumes sind, in welchem wir uns befinden, so sind unsere Sinne die Orientierungs-, Kontakt- und Wahrnehmungshilfe in selbigem. Wir sind auf das Zusammenspiel von Oberflächenstrukturen, Lichtstreuung und -absorption, auf die Qualitäten von Sinnesorganen und Gehirn angewiesen, um uns ein Abbild des uns umgebenden Raumes zu schaffen. Das Ergebnis in all seinen Finessen ist abhängig von eben diesen Komponenten - und abhängig von unserer Existenz. Es gibt keine Farben, keinen Klang, keinen Geruch, keinen Geschmack und kein Gefühl ohne das reflektierende Individuum. Die Welt hinter dieser wundervollen Illustration ist in ihrer zweiten Instanz farblose, klang-, geruchs-, gefühl- und geschmacklose, mehr oder zumeist minder verdichtete Materie, Wellen und Energie, in der dritten, vierten und den noch folgenden Instanzen womöglich noch um Einiges abstrakter.
Es bildet sich somit eine Art Raum im Raum, der derart nur aufgrund des ihn reflektierenden Individuums existieren kann. Dabei ist es völlig gleich und lediglich qualitativ zu unterscheiden, welche Couleur von Lebensform diesen Raum bildet. Und es lässt erahnen: ein Raum, der - ohne die Existenz der ihn denkenden und reflektierenden Individuen - ungedacht und unbeachtet vor sich hinwabert, ein solcher Raum, ein solches Sein ist möglich, jedoch nicht mehr denkbar und im menschlichen Sinne widersinnig, genauso wenig eine Lebensform ohne Raum existieren kann. Es scheint somit ein Seinszustand zu existieren, der sämtliche Räume und Lebensformen in sich beinhaltet und der mit den menschlichen Sinnen und Möglichkeiten nicht vollends begriffen und beschrieben werden kann, die jedoch ein Teil desselben sind.